Evangelisches Krankenhaus Hattingen
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Proktologische Krankheitsbilder nehmen einen wichtigen Platz in der allgemeinen medizinischen, internistischen und insbesondere auch gastroenterologischen Praxis ein. Häufig werden Probleme im Analbereich seitens der Patienten tabuisiert, so dass diesbezüglich auch eine große Unsicherheit besteht. Häufige Symptome von Erkrankungen im äußeren Analbereich bzw. im Analkanal oder aber auch im Bereich des Anorektums sind peranale Blutungen, Jucken, Nässen oder Schmerzen.
Im Folgenden werden einige Krankheitsbilder exemplarisch vorgestellt.
Condylome können peri- oder intraanal auftreten, aber auch intravaginal bzw. am Penis und Skrotum. Es handelt sich hierbei um eine virusbedingte Erkrankung, die durch direkten Haut-zu-Haut-Kontakt übertragen wird. HPV-6- und HPV-11-Viren führen in einem geringeren Maße zu Malignomen wie die HPV-Typen 16, 18, 31, 33 und 35. Die Condylome zählen zu den zählen zu den weitverbreitesten sexuell erworbenen Erkrankungen. In der Therapie kann hinsichtlich der Externa Imiquimod (Aldara Creme) empfohlen werden oder die operative Therapie in Form der Exzision oder auch Laser- und Kryotherapie.
Marisken sind häufig vorkommende hautfarbende Knoten oder Läppchen am äußeren Analrand. Sie können einzeln auftreten oder ringförmig den Anus umrahmen. Marisken werden sehr häufig fälschlicherweise als äußere Hämorrhoiden bezeichnet. Der Name leitet sich aus dem französischen Marisque = Feige ab. Marisken können in allen Lebensaltersstufen auftreten. Am häufigsten handelt es sich um idiopathische Marisken im Sinne einer geschwulstartigen Hyperplasie der Haut. Bei einem Großteil der Patienten finden sich gleichzeitig ausgeprägte innere Hämorrhoiden. Sekundäre Marisken sind z.B. Folge von chronischen Analfissuren im Sinne einer sogenannten Vorpostenfalte. Histologisch gehören Marisken zu den Angiofibromen. Eine spezifische Therapie der Marisken ist nicht notwendig. Wichtig ist es, die betroffenen Patienten über die Harmlosigkeit aufzuklären und die Fehldeutung als äußere Hämorrhoiden zu korrigieren. Sofern die Analhygiene zu Problemen führt, kann im Einzelfall eine operative Entfernung angezeigt sein.
Hämorrhoiden sind physiologische Gefäßstrukturen, die sich durch Verzweigungen der Endarterien der Arteria rectalis superior im Sinne eines Gefäßkonglomerates (Corpus cavernosum recti) ausbilden. Bei einer Hyperplasie dieser Gefäßpolster spricht man von Hämorrhoiden. Diese werden in vier Stadien eingeteilt.
Stadieneinteilung der Hämorrhoiden | |
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I° | Nur proktoskopisch sichtbare Gefäßpolster |
II° | Prolaps bei der Defäkation bzw. beim Pressen mit spontaner Rückbildung |
III° | Prolaps im Pressversuch, jedoch manuelle Reposition der Hämorrhoiden möglich |
IV° | Fixierter Prolaps, der nicht reponiert werden kann |
Häufige Symptome von Hämorrhoiden sind peranale Blutungen, Nässen, Schmieren und Juckreiz. Letztere Beschwerden beruhen häufig auf der gestörten Feininkontinenz. Schmerzen sind für Hämorrhoiden nicht typisch.
In der Differenzialdiagnose werden Marisken gerne mit Hämorrhoiden verwechselt. Eine andere Differenzialdiagnose sind perianale Thrombosen bzw. bei den höhergradigen Stadien mit Prolaps ein Anal- oder Rektumprolaps.
Die Therapie richtet sich nach dem Stadium der Hämorrhoiden. Grundsätzlich sollten Hämorrhoiden in den Stadien I und II der internistisch-konservativen Therapie zugeführt werden, wohingegen bei Hämorrhoiden im Stadium III und IV ein operatives Verfahren indiziert ist. Hinsichtlich der konservativen Therapieverfahren sind die Sklerosierungsbehandlung und die Gummibandligatur sowie die Infrarotkoagulation und die dopplergesteuerte Hämorrhoidalarterienligatur verfügbar. In jedem Fall sollten aber die Basismaßnahmen wie eine ballaststoffreiche Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr, eine sorgfältige Analhygiene und korrekte Stuhlentleerung erreicht werden. Bei der Sklerosierungsbehandlung nach Blond wird die Sklerosierungslösung (z.B. Polidocanol) oberhalb der Linea dentata submukös in das Hämorrhoidalgewebe injiziert. Meist wird 1 ml Sklerosierungslösung im Abstand von ca. einer Woche injiziert. Bei der Mehrzahl der Patienten sind vier bis fünf solcher Sklerosierungsbehandlungen notwendig. In der Technik nach Blanchard wird eine Phenolmandellösung injiziert. Bei etwas prominenteren ausgeprägten Hämorrhoiden (Hämorrhoiden II°) bietet sich die Technik der Gummibandligatur an. Analog der Technik der Ösophagusvarizenligatur wird hier die Hämorrhoide in das Ligaturset hineingeführt und anschließend mit dem Gummiring die Hämorrhoide abgeschnürt. Im Vergleich zur Sklerosierungsbehandlung führt die Ligturbehandlung nach Barron zu einer geringeren Mißerfolgsrate als die Sklerosierungsbehandlung. Umgekehrt ist der Anteil der Patienten, die postinterventionell Schmerzen entwickeln, signifikant höher.
Hinsichtlich der operativen Therapieverfahren werden chirurgischerseits verschiedene Techniken unterschieden. Der Anteil der Patienten, die mittels einer offenen Hämorrhoidektomie (Methode nach Milligan-Morgan) operiert werden, hat jedoch abgenommen zugunsten der sogenannten Stapler-Hämorrhoidopexie.
Bei der Perianalthrombose/Analvenenthrombose findet sich ein spontan auftretendes Gerinnsel in den subcutan und subanodermal verlaufenden Venen der äußeren Analregion. Diese sehr schmerzhafte Erscheinung tritt häufiger bei Männern als bei Frauen auf. Die Ätiologie ist nicht geklärt. Die Analvenenthrombose tritt nicht nur bei überwiegend sitzender Tätigkeit, sondern auch bei anstrengender körperlicher Tätigkeit wie Radfahren oder Joggen auf. Aufgrund der häufigen Assoziation der Analvenenthrombose mit Hämorrhoiden scheint hier auch ein möglicher ursächlicher Zusammenhang zu bestehen. Die Diagnose ist durch die perianale Inspektion eindeutig zu stellen. Die Therapie richtet sich nach den Beschwerden. Bei gering ausgeprägter Beschwerdesymptomatik reichen antiphlogistische Maßnahmen. Eine Inzision ist nicht zwingend erforderlich. Bei Thrombosen im Frühstadium wird in der Regel die Stichinzision und Expression des Thrombus empfohlen. Chirurgischerseits wird die totale Exzision des gesamten Knotens favorisiert.
Aufgrund des ulcusartigen Defektes im Bereich des Anoderms ist die Symptomatik bei Analfissuren von einer starken Schmerzsymptomatik geprägt, die in der Regel stuhlgangsabhängig ist. Die Genese der Analfissur ist multifaktoriell. In der Regel spielt die nicht ausreichende Dehnung des Analkanals eine wichtige Rolle. Ein wesentlicher pathogenetischer Faktor in der Kaskade ist ein entstehender Sphinkterkrampf, der zu einer konsekutiven Minderdurchblutung des Gewebes führt. Es werden akute und chronische Analfissuren unterschieden. Die akuten Fissuren stellen sich als flache längliche Defekte von bis 1 cm Länge dar. In der Anfangsphase sind die Ränder hier scharf begrenzt. Chronische Fissuren können durch einen derben aufgeworfenen Randwall im Bereich der Fissur diagnostiziert werden. Das wesentliche Ziel der Therapie ist die Durchbrechung des Circulus vitiosus mit Neigung zur Chronifizierung. Sinnvoll ist die Lokalanästhesie mit Infiltration des Fissurgrundes. Ferner hat sich die tägliche Eigendehnung des Sphinkters mit Hilfe eines Analdehners bewährt. An topischen Maßnahmen bietet sich die Anwendung von Glyceroltrinitrat (z.B. Rectogesic) an, womit der Sphinkterspasmus beseitigt wird und die Durchblutung verbessert wird. Ähnlich der kardialen Therapie kann es unter dieser Behandlung jedoch zu Kopfschmerzen kommen. Alternativ bietet sich die Behandlung mit einem Kalziumantagonisten an. Die Injektion von Botolinumtoxin führt zu einer passageren Muskellähmung mit Verbesserung der Fissurheilung. Problematisch kann eine passagere Inkontinenz sein. Die operative Therapie der Fissur erfolgt im Wesentlichen durch die Exzision der Fissur und Durchführung einer Sphinkterotomie.
Hinsichtlich der anatomischen Ausdehnung mit Verlauf der Fistel werden fünf verschiedene Typen unterschieden, die innere Öffnung entspricht dem Ausführungsgang einer Proktodealdrüse. Man unterscheidet submukös bzw. subcutan verlaufende Fisteln von intrasphinkteren, transsphinkteren, suprasphinkteren und extrasphinkteren Fisteln. Für die Behandlung ist wichtig zu klären, inwieweit die Fisteln Ausdruck einer komplexen Grunderkrankung wie zum Beispiel des Morbus Crohn sind.